Franz Semper schuftet für das Comeback

Ostern nutzte Franz Semper für eine Auszeit von der Reha. Der 23 Jahre alte Handballer von der SG Flensburg-Handewitt verbrachte einige Tage in Leipzig und Borna – dort liegen seine Wurzeln, dort lebt seine Familie. „Es war schön, sie wiederzusehen“, sagt Semper. Auch die Großeltern konnte er besuchen. „Sie sind jetzt geimpft“, berichtet er freudestrahlend, „und es ist alles gut gegangen“.

Zurück in Flensburg arbeitet Semper mit frischem Tatendrang am Comeback. Jeden Tag stehen zwei Trainingstermine im Kalender. Vormittags Kraft, nachmittags Therapie und Übungen zur Stabilisierung des operierten linken Knies. „Zur neuen Saison bin ich wieder dabei“, sagt der Linkshänder voller Überzeugung, schiebt aber hinterher: „Denke ich.“ Auf die Folgen eines Kreuzbandrisses mit Meniskusschaden reagieren Handballer ganz unterschiedlich. Bis zu neun Monate Rekonvaleszenz oder länger sind möglich. So viel Zeit will Semper nicht benötigen.

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Semper ist kein Kopfmensch

Rückblick auf den 3. Dezember: Im Champions-League-Spiel gegen Szeged war die heiße Phase bereits angebrochen, da blieb Semper nach einem Zweikampf liegen. „Ich hatte riesige Schmerzen, habe aber nicht daran gedacht, dass etwas Schlimmes passiert ist“, erinnert sich der deutsche Nationalspieler, der im Sommer aus Leipzig gekommen war.

Die Diagnose schockte ihn nur kurz.

Dass er „kein großer Kopfmensch“ sei, habe ihm schon oft geholfen, etwa um Weihnachten 2019 herum, als bei ihm eine Herzmuskelentzündung festgestellt wurde. Oder beim Wechsel nach Flensburg. Den Druck, bei der SG Nachfolger von Club-Legende Holger Glandorf zu sein, lastet der junge Semper sich nicht auf.

Er ließ sich in Leipzig von seinem ehemaligen Mannschaftsarzt Dr. Pierre Hepp operieren. „Ein Kniespezialist, den ich sehr schätze“, erklärt der 23-Jährige. Auch die erste Reha-Phase absolvierte er in der Heimat. Um Hilfe bei alltäglichen Dingen zu bekommen, zog Semper kurzzeitig bei den Eltern ein. Es war so etwas wie eine Reise in die Vergangenheit.

Warten auf die Halbzeit

In Borna, einer kleinen 20000-Einwohner-Stadt 30 Kilometer südlich von Leipzig, ist Semper geboren und aufgewachsen. „Es ist dort sehr lebenswert“, findet der SG-Profi, der die Landschaft um Borna herum mit ihren Seen schätzt. Kontakt zum Handball gab es früh. „Seit ich denken kann, war ich mit in der Halle.“ Papa Jörg war beim heimischen Bornaer HV 09 aktiv, der kleine Franz warf in den Halbzeitpausen Bälle aufs Tor.

Jahre später, „in meiner pubertierenden Zeit“, war Semper kurz davor, mit Handball aufzuhören. Die Kündigung der Vereinsmitgliedschaft war fast schon auf dem Weg, aber Semper entschied sich um – was sich als goldrichtig entpuppte. Es entstand ein intensiver Kontakt nach Leipzig, weil Bornas Jugendtrainer Frank Klingler mehrere talentierte Jungen regelmäßig dorthin zum Training fuhr.

Ereignisreiche Jahre

Semper stand als Linkshänder unter besonderer Beobachtung, mit 15 Jahren zog er schließlich ins Leipziger Internat und lief fortan für die Jugend des SC DHfK auf. Die folgenden Jahre hatten es in sich. „Da ist viel passiert“, sagt Semper und meint den Gewinn der B-Jugend-Meisterschaft 2014, die A-Jugend-Titel 2015 und 2016 sowie zwei Medaillen mit den DHB-Junioren.

Die wichtigste Errungenschaft: Semper debütierte im Leipziger Männer-Team, mit dem er 2015 den Bundesliga-Aufstieg schaffte. Er etablierte sich in der höchsten Spielklasse. Bald wurde SG-Trainer Maik Machulla auf das Talent, das nebenbei noch das Abitur unter Dach und Fach brachte, aufmerksam.

Seine Entwicklung ließ das Interesse konkret werden, eines Tages flatterte ein Angebot ins Haus – für 2020. Dann lief Glandorfs Vertrag bei der SG aus. „Maik hat damals gesagt, dass ich noch ein Jahr brauche“, sagt Semper. Also verlängerte er in Leipzig bis 2020, dann sollte es in den Norden gehen. Bereits vor zwei Jahren wurde der Wechsel offiziell gemacht.

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Guter Start in Flensburg

„Bei der SG bin ich gefühlt sehr gut reingekommen“, meint Semper. Der 23-Jährige spielte zu Saisonbeginn aus taktischen Gründen etwas weniger als geplant, weil Positionskollege Magnus Röd im Mittelblock gebraucht wurde, dennoch konnte er seine Qualitäten unter Beweis stellen. Bis die Verletzung ihn ausbremste, traf Semper wettbewerbsübergreifend in 16 Spielen 47 Mal. Um daran nach der Reha anzuknüpfen, schuftet er – Tag für Tag.

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