Jacob Heinl im Interview: „Selbstmitleid bringt nichts“

Jacob Heinl kennt sich aus mit gesundheitlichen Rückschlägen. Vor einigen Jahren stand sogar die Handball-Karriere aufgrund eines Rückenleidens auf der Kippe. In dieser Saison musste der 34 Jahre alte Abwehrstratege der SG Flensburg-Handewitt schon zwei schlechte Nachrichten verdauen. Erst erlitt er in der Vorbereitung einen Innenbandriss im rechten Knie, daraus resultierte im Laufe der vergangenen Monate ein Meniskus- und Knorpelschaden, der eine Operation notwendig machte – Saisonaus.

Weiterlesen: Jacob Heinl fällt nach Knie-Operation für Rest der Saison aus

Im Interview mit Jannik Schappert ordnet Heinl, dessen Vertrag in Flensburg nach der Saison ausläuft, die Hiobsbotschaft und ihre Folgen für sein Leben und seine weitere Karriere ein.

Wie geht es Ihnen gut zwei Wochen nach der Operation?
Es geht mir ganz gut. Ich habe kaum Schmerzen.

Und mental?
Die Diagnose war ein Schock. Aber ich hatte schon ein paar Wochen Zeit, damit umzugehen. Jetzt versuche ich, das Beste aus der Situation zu machen. Ändern kann ich sie nicht mehr. Da bringt es mir nichts, mich selbst zu bemitleiden. Ich muss nach vorne schauen und möglichst positiv sein – das schaffe ich auch.

Trotz Lockdown?
Der tangiert mich momentan kaum, weil ich sowieso nichts machen kann und nicht mobil bin. Zum Glück konnte ich bei Freunden einziehen und bin nicht alleine zu Hause. Das hilft mir, an andere Dinge zu denken. Ich bin unglaublich dankbar, dass sie mir das angeboten haben und sich so lieb um mich kümmern. Mir fehlt es hier an nichts.

Wie sehen die Tage derzeit aus?
Ich liege sehr viel rum. Viel passiert nicht. Ich darf das Bein jetzt zwei Wochen lang nur mit zehn Kilo belasten. Ich habe eine Maschine, die das Knie passiv bewegt und eine Schiene, die maximal eine Beugung von 30 Grad zulässt. Auf Krücken laufe ich zwei Monate. Das dauert alles. Ich nehme mir die Zeit, die ich brauche. Mein Alltag ist ein bisschen wie im Film „Täglich grüßt das Murmeltier“. Aber ich habe mir einen Rollstuhl besorgt, damit ich bei Spaziergängen mitkommen kann. Meine Freunde schieben mich dann durch die Gegend. Auf Krücken eine Stunde rumzulaufen wäre zu anstrengend und schlecht fürs Knie. So kann ich draußen sein, die frische Luft tut mir auch gut.

Sie sagen, die Diagnose Meniskusriss und Knorpelschaden sei ein Schock gewesen. Das heißt, die Schwere des Schadens im Knie hat Sie überrascht?
Ich hatte nicht gedacht, dass das Knie so kaputt ist. Ich hatte ja die ganze Zeit gespielt, auch wenn es die letzten Wochen vor der WM-Pause kaum noch ging. Deshalb habe ich mit einer anderen Diagnose gerechnet. Danach war mir klar, dass ich eine Operation brauche. Trotzdem habe ich noch gehofft, dass der Eingriff weniger kompliziert sein muss. Es gibt Meniskus-Operationen, da ist man nach sechs Wochen wieder einsatzfähig.

Bei Ihnen war das keine Option?
Leider nein. Ich habe verschiedene Ärzte konsultiert. Alle haben gesagt, dass der kleinere Eingriff langfristig gesehen keine Option ist. Es gäbe dann die Gefahr, in der Zukunft die Funktion des Knies zu verlieren. Das hört man nicht gerne. Das Knie ist ja ein elementarer Bestandteil des menschlichen Lebens. In zehn Jahren will ich es auch noch zur Verfügung haben. Deshalb war dieser der einzige Weg.

Wäre es rückblickend besser gewesen, das Comeback nur vier Wochen nach dem Innenbandriss aus der Vorbereitung hinauszuzögern?
Das ist reine Spekulation. Fest steht nur, dass der Schaden mit dem Unfall im August zusammenhängt.

Wollen Sie überhaupt noch einmal Handball spielen?
Ich weiß es noch nicht. Natürlich mache ich mir meine Gedanken, schließlich bin ich nicht mehr der Jüngste und werde dieses Jahr 35. Aber es ist zu früh, das jetzt zu sagen. Ich muss abwarten, wie die Reha läuft und entscheide das zu gegebener Zeit. Sicher ist: Ich werde alles probieren, damit das Knie wieder in Ordnung kommt und ich zumindest in der Lage wäre, Handball zu spielen. Diesen Ehrgeiz habe ich und dieses Ziel sollte man auch haben. Das ist eine mentale Sache. Aber selbst dann liegt es nicht nur in der eigenen Hand, denn Vereine wären sicherlich vorsichtig nach solch einer Verletzung.

Ihr Vertrag in Flensburg läuft nach der Saison aus. Haben Sie ihr letztes Spiel im SG-Trikot bereits bestritten?
Danach sieht es aus.