Remis gegen Schweden: Handballer wahren Olympia-Chance

Marcel Schiller verschwand nach dem in fast letzter Sekunde abgewendeten Fehlstart der deutschen Handballer in die Olympia-Qualifikation in einer Jubeltraube.

Das 25:25 (14:13) gegen den WM-Zweiten Schweden fühlte sich für die DHB-Auswahl nach einer irren Aufholjagd wie ein Sieg an und lässt dem Team von Bundestrainer Alfred Gislason im Rennen um das Tokio-Ticket weiter alle Chancen.

„Das war extrem wichtig. Wir brauchten dringend diesen einen Punkt. Ich bin insgesamt zwar nicht zufrieden mit unserer Leistung, aber jetzt ist weiter alles offen“, sagte Gislason nach dem Handball-Krimi am Freitag in Berlin. „Wir leben noch“, ergänzte DHB-Vizepräsident Bob Hanning.

Wie das gesamte Team war auch Torhüter Johannes Bitter erleichtert über das Happy End für die DHB-Auswahl, die in der zweiten Halbzeit schon mit vier Toren in Rückstand gelegen hatte. „Wir hatten nichts mehr zu verlieren und haben uns richtig reingekämpft. Wir haben es weiter in der eigenen Hand. Jetzt geht es in die Eistonne, und dann freue ich mich auf das nächste Spiel“, sagte Bitter.

Schiller war nicht nur der umjubelte Schütze des späten Ausgleichs, sondern mit fünf Toren auch bester Werfer im deutschen Team. „Wir sind einfach happy, dass wir diesen Punkt geholt haben, weil es lange nicht danach aussah“, sagte der Linksaußen von Frisch Auf Göppingen. „Wir haben eine gute Moral bewiesen, am Ende ist dieser Punkt auch verdient.“

Am Samstag (15.35 Uhr/ZDF) trifft die deutsche Mannschaft auf den EM-Vierten Slowenien und kann dabei mit einem Sieg den nächsten Schritt in Richtung Tokio machen. „Das ist ein ähnlich spielstarker Gegner wie Schweden“, warnte Gislason. Eine Schwächephase wie zu Beginn der zweiten Halbzeit gegen das Drei-Kronen-Team darf sich die DHB-Auswahl dann nicht leisten. „Das war schon grenzwertig. Wir sind glücklich, brauchen aber eine Leistungssteigerung gegen Slowenien“, forderte Hanning. Zum Abschluss geht es am Sonntag gegen Außenseiter Algerien. Die ersten zwei Teams des Vierer-Turniers lösen das Olympia-Ticket.

Gislason setzte im Auftaktspiel überraschend den langjährigen Stammtorwart Andreas Wolff auf die Tribüne. Zudem wurde Aufbauspieler Juri Knorr nicht berücksichtigt. Beide werden gegen Slowenien aber wieder ins Aufgebot rücken, wie Gislason nach dem Abpfiff verkündete. Die Skandinavier mussten kurzfristig auf ihren Top-Torschützen Hampus Wanne verzichten. Der Linksaußen vom deutschen Vizemeister SG Flensburg-Handewitt reiste aus persönlichen Gründen ab.

Die DHB-Auswahl war zu Beginn hellwach und geriet in der ersten Halbzeit nicht einmal in Rückstand. Die Abwehr mit den Kieler Rückkehrern Hendrik Pekeler, Patrick Wiencek und Steffen Weinhold, die bei der Weltmeisterschaft im Januar schmerzlich vermisst worden waren, stand weitgehend stabil. Dahinter sorgte Bitter mit einigen Paraden für zusätzliche Sicherheit.

Dennoch konnte sich das deutsche Team nicht absetzen, weil auch die Schweden in der Abwehr sehr kompakt agierten und Torwart Andreas Palicka vom Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen eine starke Vorstellung bot. Lediglich einmal betrug der Vorsprung der DHB-Auswahl drei Tore – beim 11:8 in der 18. Minute.

Doch die Partie drehte sich. Das DHB-Team geriet beim 14:15 (33.) erstmals in Rückstand, weil im Angriff zu viele Würfe vergeben wurden. Immer wieder war Palicka Endstation. Erst nach sechseinhalb Minuten gelang der erste Treffer in der zweiten Halbzeit. „Wir haben ungewöhnlich viele unvorbereitete Würfe genommen und sind auch in der Abwehr nicht mehr klargekommen. Und auf einmal denkt die Mannschaft, oh, das haben wir uns selbst eingebrockt“, kritisierte Gislason.

Der Spielfluss aus der ersten Hälfte war nun weg und das Vertrauen in die eigene Stärke schwand mit jedem Fehlwurf. Beim 17:20 (43.) reagierte Gislason mit einer Auszeit. „Wir müssen jetzt mal langsam Ruhe hier rein kriegen“, forderte der 61 Jahre alte Isländer. Das fruchtete in der spannenden Schlussphase, in der das DHB-Team vor allem dank einiger Glanzparaden von Bitter und der Nervenstärke von Schiller die drohende Niederlage noch abwendete.