Schweden war einfach mal an der Reihe

Die größte Überraschung dieser Europameisterschaft ist für mich die Tatsache, dass es mein Topfavorit Dänemark nicht in das Finale geschafft hat. Bronze dürfte angesichts der eigenen Erwartungen ein schwacher Trost sein. Die Spanier hatten zuvor nicht immer überzeugt oder sich dominant wie früher präsentiert. Aber sie haben bewiesen, dass man sie mit ihrem System, das sie variabel an die gegnerische Taktik anpassen können, nie abschreiben darf.

Im Finale gegen Schweden hat es für Spanien um Haaresbreite nicht gereicht. Das kam für mich allerdings nicht unerwartet. Schweden hat sich im Turnier immer mehr gesteigert und war nach den verlorenen Finals bei der EM 2018 und der WM 2021 einfach mal dran.

Stolz auf Golla und Gottfridsson

Aus Sicht der SG Flensburg-Handewitt ist es besonders erfreulich, dass gleich zwei unserer Spieler ausgezeichnet wurden: Johannes Golla als Kreisläufer des All-Star-Teams und Jim Gottfridsson zum zweiten Mal nach 2018 sogar als wertvollster Spieler des Turniers. Für Johannes war Alfred Gislasons Vergleich mit seinem früheren THW-Kreisläufer Marcus Ahlm wie ein Ritterschlag. Ich habe mit Alfred telefoniert. Er sagte, dass Golla eigentlich weniger spielen sollte, aber er sei einfach nicht zu ersetzen.

Verdiente Wahl zum wertvollsten Spieler

Jim habe ich schon nach dem Spiel gegen Norwegen zum Einzug ins Halbfinale gratuliert und geschrieben wie stolz wir alle sind, dass er bei uns spielt. Zu seiner Wahl zum MVP kann es keine zwei Meinungen geben. Jim Gottfridsson ist als Spielmacher absolut dominant, er behält immer die Ruhe, er ist torgefährlich und bei den Timeouts sagt er an wie ein echter Leader. Er liefert einfach ab. Man sieht, dass er schon zehn Jahre in der Bundesliga spielt. Jim ist extreme Belastungen gewohnt und trainiert entsprechend. Einige andere Topspieler ohne diese Routine und Erfahrung wurden im Turnierverlauf schon müde.

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3-2-1-Deckung funktioniert noch

Wesentliche neue Trends gab es bei diesem Turnier nicht, aber Spanien hat gezeigt, dass die 3-2-1-Deckung, die in den letzten Jahren etwas auf dem Rückzug war, noch immer eine Waffe sein kann. Den Dänen haben sie jedenfalls mit dieser sehr aggressiv und antizipativ interpretierten Abwehr den Zahn gezogen und die gefährlichen Werfer weit vom Tor weggehalten.

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Mit dem siebten Feldspieler gelingt es oft, eine 3-2-1 zurück in eine defensivere Aufstellung zu zwingen. Aber die Dänen haben diesmal keine guten Lösungen gefunden und für ihre Verhältnisse ungewöhnlich viele technische Fehler gemacht. Dazu hat ihnen noch Torhüter Perez de Vargas mit seinen Paraden in der zweiten Halbzeit den Rest gegeben. Dänemark hat dagegen die starke Anfangsphase von Niklas Landin nicht genutzt, um sich früh abzusetzen.

Eine positive neue Erscheinung bei dieser EM war der Spanier Agustín Casado. Ein 25-jähriger Spielmacher mit einem guten Wurf, der vorher international noch wenig bekannt war. Er wechselt in der nächsten Saison von Logrono zu Meshkov Brest. Da werden wir noch einiges von Casado hören.