SG Flensburg-Handewitt: Großer Stolz, großer Schmerz

„Für mich seid ihr die wahren Meister.“ Diese Worte voller Stolz und Anerkennung richtete SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke an die Spieler der SG Flensburg-Handewitt, die niedergeschlagen und traurig auf dem Boden der Flens-Arena kauerten – und Komplimente statt die Meisterschale erhielten.

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Wenige Momente zuvor, unmittelbar nach dem  38:26 (24:12)-Sieg über HBW Balingen-Weilstetten, hatten sie noch in einer Hallenecke vor einem TV-Bildschirm  gekniet, gehofft und gebetet. Bei 300er Puls waren alle Daumen für die Rhein-Neckar Löwen gedrückt. Doch das kleine Handball-Wunder blieb aus, der punktgleiche THW Kiel krönte sich nach einem Herzschlagfinale dank des gewonnenen direkten Vergleichs zum Deutschen Handball-Meister.

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„Das war sensationell, was diese Rumpftruppe geleistet hat“, sagte Anführer Jim Gottfridsson, nachdem im fernen Mannheim der finale Angriff der Löwen verpufft und die Kieler Titelsause begonnen hatte. „Es war aus meiner Sicht unsere beste Saison in den letzten Jahren. Deshalb tut es jetzt in diesem Moment weh, mit leeren Händen dazustehen.“

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Ende gut, fast alles gut –  nur die Krönung einer grandiosen Saison voller Höhepunkte und Rückschläge fehlte. Dass es nun warme Worte statt knallender Sektkorken gab, tat der Flensburger Handballseele verständlicherweise sehr weh. „Klar ist es hart, so knapp am Ziel vorbeigeschlittert zu sein“, meinte SG-Trainer Maik Machulla, der  mit tränenerstickter Stimme und emotional sehr angegriffen sein Fazit zog.  „Das alles war absolut außergewöhnlich. Dass wir heute hier stehen und die Saison trotz aller Widrigkeiten durchgezogen haben, macht mich sehr stolz.  Was Moral und Mentalität betrifft, werde ich wohl nie wieder eine solche Mannschaft trainieren.“

 

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Dieser Zustand der Trauer hielt nicht lange an, er wich schnell einem riesigen Stolz über das Erreichte. Kapitän Lasse Svan meinte nach einem mehr als gelungenen Schlussakt:

 

 Im letzten Bundesliga-Spiel der Saison machte der Tabellenzweite schnell klar, dass er seine Hausaufgaben erledigen würde. Die 2300 Zuschauer in der Flens-Arena, darunter die schleswig-holsteinische Politikprominenz um Ministerpräsident Daniel Günther, Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack und Grünen-Parteichef Robert Habeck, erlebten furiose erste 30 Minuten, in denen die auf letzter Rille fahrenden Flensburger noch einmal Vollgas gaben und sich zeitweise in einen Torrausch spielten. Als der nimmermüde Jim Gottfridsson zum 20:7 (23.) einwarf, war allen Anwesenden klar, dass die SG glanzvoll ihre Pflicht erledigen  und dass alles vom Ergebnis in Mannheim abhängen würde.

Qualität und Charakter gezeigt

Nach der rekordverdächtigen 24:12-Pausenführung ließ die SG auch im zweiten Durchgang nichts mehr anbrennen. Es war ein tolles Zeugnis ihrer handballerischen Qualitäten. Passend zum Geschehen auf dem Spielfeld und zur  Leistung während der Pandemie hielten die Fans ein Plakat hoch: „Zu unmöglichen Zeiten Charakter gezeigt. Danke, Jungs!“ Das traf den Nagel auf den Kopf.

 

Auf dem Parkett entwickelte sich ein frühzeitiges Schaulaufen –  30:18 (43.) und 35:23 (53.). Das Ergebnis war Nebensache, wichtig war, dass sich  die scheidenden Torbjörn Bergerud und Magnus Jöndal noch angemessen mit Erfolgserlebnissen verabschiedeten, dass sich niemand verletzte und dass man mit einem tollen Auftritt die Saison erfolgreich ausklingen ließ.

Applaus für die Unverwüstlichen

Großer Stolz, große Enttäuschung. Als der Titeltraum geplatzt war, gingen die Köpfe runter. Doch bereits wenige Sekunden später gab es „Aufbauhilfe Nord“ für die Unverwüstlichen in Form lautstarkem Applauses. „Einmal Flensburg, immer Flensburg.“ Es war dann Oldie Henning Fritz, der bei seiner Abschiedsrede Optimismus verbreitete: „Ich bin mir sicher, dass diese Mannschaft bald Titel nach Flensburg holt.“

 

SG Flensburg-Handewitt: Bergerud (16 Paraden), Fritz (n.e.) – Golla (8), Hald (1), Svan (7), Wanne (10/4), Jöndal (2/2), Steinhauser (1), Mensah, Sögard, Gottfridsson (4), Holpert (n.e.), Röd (5)
HBW Balingen-Weilstetten: Ruminsky, Jensen – Zobel (6), Kirveliavicius (6), Thomann (3/2), Nothdurft (2), Diebel (2), Schoch, Saueressig (3), Röller (3), Heinzelmann (1), Strosack
Schiedsrichter: Hartmann/Schneider (Magdeburg/Barleben)
Zuschauer: 2300
Zeitstrafen: 1:2
7m: 6/6:3/2