Wellen, Wachwechsel und WM-Witz

Die Handballer kennen eigentlich nur die erste und zweite Welle, nämlich beim schnellen Umschalten von Abwehr auf Angriff. Neuerdings ist ihnen aber wohl auch die sechste, siebte oder achte Welle ein Begriff – Corona lässt grüßen. Und den Begriff Durchbruch assoziieren sie nun nicht immer mit einer gelungenen Angriffsaktion, sondern seit Kurzem auch mit einer Viruserkrankung trotz vollständigen Impfschutzes. Beim THW Kiel hat es diese Woche Sander Sagosen und Steffen Weinhold erwischt. Am Wochenende zuvor musste wegen mehrerer Corona-Fälle bei den Rhein-Neckar Löwen die Partie gegen den SC DHfK Leipzig verlegt werden. Ganz klar: Das Virus betreibt kein passives Spiel, sondern – wie auch ein Beispiel aus der Deutschen Eishockey-Liga zeigt – ist weiterhin sehr aktiv. Beim dreimaligen deutschen Eishockeymeister EHC Red Bull München gab es 22 (!) positive Corona-Tests – 16 Spieler sowie sechs Personen aus dem Trainerstab. Keine Frage: Covid-19 schwebt immer noch wie ein Damoklesschwert auch über den Köpfen der Profi-Ballwerfer. Hoffen wir das Beste.

Weiterlesen: 32:32 im „Schlüsselspiel“: THW Kiel gibt Sieg gegen Szeged aus der Hand

Das Thema Corona könnte noch für einige Turbulenzen in der Handball-Bundesliga sorgen. Wobei: Über mangelnde Spannung und zu große Langeweile dort kann man sich wahrlich nicht beschweren. Denn die Platzhirsche der vergangenen Jahren sind aktuell nicht in der Pole Position im Meisterrennen: die Kieler Dritter, die Flensburger Siebter. Vorweg marschieren die Magdeburger und Berliner. Sollte der SCM am Sonntag auch die Wunderino-Arena in Kiel stürmen, dann würde tatsächlich ein Wachwechsel näher rücken. Schlecht für Schleswig-Holstein, gut für den Rest vom Schützenfest. Abwechslung tut bekanntlich gut. Verhältnisse wie in der französischen Starligue, wo Krösus Paris Saint Germain mit Siebenmeilenstiefeln der achten Meisterschaft in Folge entgegenstrebt, sind doch nicht erstrebenswert. Noch langweiliger geht es in der spanischen Liga Asobal zu. Kinder, die 2011 oder später geboren sind, kennen nur einen Handballmeister: FC Barcelona. Da fällt mir doch eine Meldung aus dem Jahr 2018 ein: Der FC Barcelona ging beim 28:29 gegen BM Granollers erstmals nach 146 Ligaspielen (!) wieder als Verlierer vom Platz. Das wäre in der Bundesliga absolut undenkbar.

Apropos FC Barcelona. Der Champions-League-Sieger nahm jüngst beim Super Globe, der Vereins-WM im saudi-arabischen Jeddah, teil. Dort wurde eine „Pass Clock“ getestet. Diese von Schiedsrichter-Assistenten am Spielfeldrand bediente Anzeigetafel zeigt bei passivem Spiel an, wie viele Pässe für die angreifende Mannschaft noch erlaubt sind. Ein guter Service für die Fans in Sachen Transparenz.

Weniger ist mehr. Die Europäische Handball-Föderation gab diese Woche bekannt, dass Spanien, Portugal und die Schweiz gemeinsam die Handball-EM der Männer 2028 austragen wollen. Meine Reaktion: Daumen runter. Weil ich echt kein Freund von Titelkämpfen mit mehreren Gastgebern bin. Wenn dann auch noch diese Länder geographisch weit voneinander getrennt sind, setzt bei mir Kopfschütteln ein. Die Männer-WM 2025 soll in Kroatien, Dänemark und Norwegen steigen. Ein schlechter Witz. Genauso unsinnig wie die WM 2023 mit Polen und Schweden. Ich jedenfalls freue mich auf die EM 2024: Dann gibt es nur einen Gastgeber: Deutschland.

Hölle-Nord-Podcast: Jan Holpert – Erinnerungen und das neue Leben einer SG-Legende